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Eine Woche Grampians

So waren wir also wunderbar in den Gramps angekommen und richteten uns auf dem Zeltplatz am Mount Stapylton gemütlich ein. Sogar unser Kilozelt stellten wir auf, und es sollte mehr als handy sein, war es doch quasi Garage für unsere Rucksäcke und das Crashpad und markierte unsere Campsite als besetzt, wenn wir wegfahren mussten.

Nach dem Einrichten ging es gleich noch vor dem Abendessen los, das Crashpad auf seine neuen Aufgaben einzustimmen. Gleich um die Ecke gibt es ein kleines, aber feines Bouldergebiet mit ein paar ziemlich harten Knacknüssen. Rachel war schon vollmotiviert am Hardmoven, da gewöhnte sich Gaby mal langsam wieder an die harte Realität in Steilboulders: Es geht grad mal so der Aufwärmboulder (heisst Mary, Mary!) Da hilft es dann auch wenig, wenn der Nackenwirbel wieder mal blockiert und man so gar nicht im Steilen in den Armen hängen mag… Naja, Rachel biss sich dann doch auch bald mal an zwei, drei Problemen die Zähne aus und so war Feierabend angesagt, schliesslich ist ja morgen auch noch ein Tag!

Wir genossen so richtig die Sonne und das Sundownerbier in unseren Sesseln, als es aus dem heiterhellen Nichts zu schütten anfing. Also alles reinräumen und drinnen rumhängen und kochen. Am Morgen war dann wieder Sonnenschein pur und wir räkelten uns in unseren Schlafsäcken in der Sonne; einfach super, so ein multifunktionales Crashpad! Dazu gabs leckere Pancakes mit Ratatouille-Resten vom Znacht. Weil Rachel noch offene Rechnungen hatte, gings also nochmal zu den Campsite Boulders. Etwas aufwärmen, und schwuppdiwupp wurde ein Boulder nach dem anderen geklettert; besonders witzig war Ross’s Problem, wo aus einem Dach von einem Untergriff in ein Zweifingerloch gespannt wird und man dann anschliessend Füsse voraus über die Dachkante rausgeht. Nur die fette Kuh (Fat Cow), die musste noch warten (auf eine Gesellschaft mit etwa drei Crashpads und fünf Spotter), und auch die Happy Camper Traverse widerstand Rachels Bemühungen, bis der Saft wieder weg war.

Am Abend regnete es wieder kurzfristig, und wir grillierten und musizierten mit Schirm und Regenkleidern am Feuer. Mit von der Party eine lustige Gruppe einer Outdoor-Adventure-Bude, die das Wochenendlager für eine Gruppe koptischer Jugendlicher vorbereitete. Es ward trotz Nässe ein heiterer Abend. Da für den nächsten Nachmittag wieder Regen angesagt war, entschieden wir uns für das regensichere Bouldergebiet Kindergarten und da Gabys Nacken noch immer zickte, was das Zeug hielt, wollten wir zu Fuss da hin (was gewisse Australier mit ehrfürchtigem Staunen zur Kenntnis nahmen: «you really should drive there you know, it’s only a ten minutes walk then». Wir dachten uns aber, eine Stunde Bushwalking tut uns beiden gut und packten alle Regenklamotten für den Rückweg mit ein. Der Weg war auch wunderhübsch; was wir nicht bedacht hatten, ist dass so ein Bushwalk nach einer verregneten Nacht einen noch ungefähr so sehr durchnässt, wie wenn es regnet … Nach ca. der Hälfte der Distanz wurde der Weg Gottseidank breiter, sodass wir beinahe wieder trocken waren, als wir im Gebiet ankamen. Allerdings kamen wir durch einen Verhauer zuerst in ein anderes Gebiet, Epsilon Wall genannt, und die schönen Linien bezirzten Rachel, sodass wir etwas dort blieben, was Rachel ihren ersten V7-Boulder in Australien bescherte.

Als wir dann endlich im Kindergarten ankamen, wollte auch Gaby etwas bouldern, schliesslich wärmt das auf 🙂 Der Fairy Head ging onsight (V0 mit Sternli, yeeaahhh!), das nächste V0 (Cheerleader) war giftig steil und ekelhaft schräg am Einstieg und erforderte schon mehr Anläufe; den V2-Boulder mit dem klingenden Namen Charlies Sex Tour, dessen Ausstieg etwas expo aussah, kletterte Rachel mal vor. Gaby brach dann ihren Versuch an der Schlüsselstelle ab («gaasch no wiiter?»), bevor sich Rachel zu Tode fürchtete. Also rüber zu Rachels Kindergarten-Ambitionen, zwei wunderschönen Linien (3 Sterndli) in einer steilen Wand (uuuhuuere steil), doch auch Spanking the Monkey Bar und The Nevin Rule müssen auf einen weiteren Besuch warten, denn urplötzlich fiel das schlechte Wetter ein und es begann zu stürmen und zu schütten. Der Regen war unter dem Dach ja kein Problem, aber uns wurde es ganz einfach zu kalt und zu windig, also alles und alle regendicht einpacken und heimmarschieren, diesmal der Strasse entlang, das war sehr viel angenehmer und nur wenig weiter. Sogar einen Lift konnten wir noch hitchen für die letzten zwei Kilometer.

Der folgende Tag begann dann so grau und nass, dass wir uns leichten Herzens für einen Ruhetag in Horsham entschieden. Im Kino lief My Sister’s Sister, der ganz ok war, auch wenn die Tonspur sehr lückenreich war. Im Saal aber war es kalt und zugig, sodass wir uns dankbar in die wärmere Bibliothek flüchteten (Strom für Laptop und Gratisinternet). Im Aquatic Centre hätten wir sogar warm duschen können für wenig Geld, doch wir waren beide zu unmotiviert, bei der Kälte aus unseren sieben Schichten zu schlüpfen, und so blieben wir bei unserem Dirtbag-Dasein und gingen stattdessen Pizza essen.

Das Wetter war wieder besser (und wärmer!) angesagt, also wollten wir endlich ans Seil und unsere Freunde und Keile legen. Im Summerday Valley war es denn auch wunderhübsch und Gaby konnte gaaanz viel Vorsteigen und Rachel räumte brav auf hinterher, doch warm war es nicht wirklich. Nach diesem Quasi-Ruhetag war dann für Rachel Highnoon angesagt: Wir statteten der Taipan Wall einen Besuch ab! Noch vor Wochenfrist hatte sie gejammert, weil sie dort ja eh nichts vorsteigen könne, und nun stieg sie in The invisible Fist, 26, ein, eine Route mit Haken, die aber zusätzlich mit Gear abgesichert sein wollte. Schon vom ersten zum zweiten Haken ein Mega-Runout und für Kleine fast nicht zum Klippen. Es schimpft und fürchtet sich Rachel in der Wand und Gaby beim Sichern. Aber frau hat noch einen kleinen blauen Freund dabei, so kann die Sturz- und Angsthöhe etwas gemindert werden. Kaum ist der Haken glücklich geklippt, kommt Rachels erste Crux, die sie nach einigen Stürzen mit einem sehr dynamischen Zug meistern und einen fixen Linkercam klippen kann. Und schon beginnt das blöde Spiel von vorn am nächsten Haken: Sie kann nicht klippen, weil zu klein. Es schimpft immer lauter aus der Wand, aber am Boden fürchtet es sich nicht mehr so sehr, weil etwas besser zu sichern. Gfürchig bleibt es, bis auch der Haken geklippt ist. Von dort geht es dann sturzfrei, mit noch zwei Pausen zum Umlenker. Runterkommen, Durchatmen, viel Lob vom Belay Bunny, das unten am Stand in Regen und Wind klaglos beinahe erfroren ist, und dann erst mal Pause, Essen und Spazierengehen zum Wiederäufwärmen des Belay Bunnys. Im zweiten Anlauf ist dann die Route ratzfatz durchstiegen und gepunktet, Bravoo! Wir switchen die Route mit einer anderen Partie, die Mr Joshua (auch 26) geklettert hat und so haben beide den Vorteil, nur einmal die Schlingen einhängen zu müssen. So geht doch das mit dem Klippen wesentlich angenehmer! Doch Rachel verklettert sich und fliegt im hohen Bogen aus der Route. Auch die Schlüsselstelle will etwas ausgebouldert sein, bis sie das Top erreicht. Zu müde für einen zweiten Versuch, baut sie die Route ab (wir kommen wieder!) und merkt sich all die Placements für die zusätzliche Absicherung, damit das Rack für den nächsten Versuch dann so leicht wie möglich ist. Etwas klettern soll es aber doch noch sein, also rein in die reine Sportroute Dial A Lama (24). Die zeigt ihr dann aber, wo der Bartli den Most holt, und die kräfteraubenden Sloper schütteln sie gnadenlos ab. Völlig abgekämpft kommt sie doch noch oben an und wir machen, da es endlich angenehm warm ist, Feierabend.

Wieder ist schönes Wetter angesagt, also wollen wir am Mt Rosea eine Mehrseillängentour klettern. Die Anfahrt ist unerwartet lang und endet abrupt an einer Strassensperre. Gesperrt wegen Flutschäden, steht da, und wir werweissen, was wir zu der inzwischen doch schon fortgeschrittenen Stunde noch klettern sollen, und entscheiden uns für The Bundaleer, ein benachbartes Gebiet mit kurzen MSL und Sportkletterrouten, wo uns ein Neonvögelchen mit einem Stabiloboss-orangen Bauch erwartet und ansingt. Wir klettern Gerontian (17), eine eindrückliche Trad-Route. Gaby schwant allerdings Böses, als ihr Rachel vom ersten Stand zuruft: «Nimm doch villicht de Vierer gliich no mit!» Na, wenigstens ist er im Haulbag bis ins Gebiet mitgekommen … Die bösen Vorahnungen bewahrheiten sich. Im Führer steht dazu simpel: «The Corner. 17m. Easing to a ledge.» Der Nr.-4-Camalot ist das allererste Placement und es isch uuuhuere gfürchig. Nach einem Hudini-mässigen Manöver, den Vierer aus gutem Stand nochmal etwas hochgeschoben, entdeckt Gaby zu ihrer Erleichterung noch ein Placement für eine Micro-Nut und ist dankbar, dass wir ausser dem Crashpad noch ein Set RPs gekauft haben (Hand Made in Australia, unrated, aber in Arapiles und Grampians quasi unverzichtbar). Schwupp, liegt der Keil in dem Minislot des inneren Risses, und Gaby kann sich endlich zum Zug überwinden. Nach etlichem Ächz und Schnauf (im Führer heisst es dann jeweils «requires a good amount of grunting») und fast ausgeschossen an Material, erreicht sie die Ledge, wo es gilt, einen schönen Stand zu bauen (der auch hält), auch wenn Rachel in der Zwischenzeit ungeduldig wird. Schliesslich folgt nochmal eine schöne Seillänge (Handcrack under the roof, then akward around the corner and up) und wir habens geschafft. Oben wartet eine gänzlich furchtlose Eidechse, die sich mit Free Soloing in lächerlich steilen Überhängen über uns lustig macht. Wir finden statt der Abseilstelle schliesslich den Fussabstieg und gelangen reichlich von stacheligem Gebüsch zerkratzt wieder an den Wandfuss. Wir verpflegen uns kurz uns schnattern mit jungen Briten und machen uns dann an Blimp, 21. Eine wunderschöne Linie (1 SL), ein dünner Riss in einer Verschneidung. Gut abzusichern, wenn genug Expressen am Gurt hängen. Rachel findet sie nicht schwer und findet, Gaby soll sie vorsteigen. Doch die will nicht und topropt lieber und ist darüber dann auch sehr erleichtert an der Schlüsselstelle, wo sie sicher ist, sie wäre in den Schlaghaken gestürzt (oh Graus). Rachel hingegen ist sich sicher; im Vorstieg wäre sie nicht gestürzt :-). Schliesslich bouldert! Rachel noch die Schlüsselstelle einer 22-er Sportroute aus (Launch for the Melons). Die kopfgrossen Melonen sind etwas weit ausseinander und die Tritte etwas weit unten und so entpuppt sich das «Launching» als völlige Fehlanzeige – mit dem richtigen Kiesel in Bauchhöhe kann frau (Anita-mässig) rüberkippen und sich dann in die Melone reinfallen lassen, nur bis der Kiesel gefunden wurde, gings etwas lang. Beim Zusammenpacken treffen wir Eingeborene (also ortsansässige Kletterer, Chris und Nat), die uns an ihren reservierten Tisch im indischen Restaurant in Halls Gap einladen (Spirit of Punjab), wo wir uns, nachdem wir im Caravan Park unserem Dirtbag-Dasein ein Ende bereiteten hatten, herzhaft die Bäuche mit Leckereien vollschlugen.

 

One Comment

  1. Fraser & Trish
    Posted 19 Oktober 2012 at 15:47 | #

    Hi Gaby, Rachel – greetings from autumnal London. It’s grey and raining and miserable. How’s the trip going? I love your photos – there’s some scary climbing ones. Plus that guy on his bike with the huge rucksack made me think that I travel light when I cycle!! Is the campervan still going? Where are you going next.

    BW

    Fraser and Trish