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Das Leiden der Lämmer

Mehr oder weniger erschlagen waren wir also wieder zuhause in den Grampians. Und da wäre ja noch die Serpentine zu klettern, eine Traum-29, sie wird als eine der schönsten Australiens gehandelt, wenn nicht sogar weltweit. Wir wollten von dem kühlen Wetter profitieren und sie heute einmal anschauen gehen. Schneller gesagt als getan. Um an den Stand zu gelangen, muss frau eine erste Seillänge klettern, eine 24. 7a ist ja eigentlich nicht so problematisch, auch wenn es Quergänge drin hat und man sie selber absichern muss. Wenn es denn eine 24 wäre. “horrible,c’est horrible” ist die Aussage des einen Franzosen (ein Profikletterer), der die Serpentine an einem Tag geklettert ist. Im Führer steht dazu: Absolutely terrifying. Und so geht es Rachel auch. Mit Schulterstand zum ersten Griff, mit Seilzug zum zweiten, der acht Meter lange Quergang ist dann auch das Einfachste an dieser Seillänge. Mittels bereitliegendem Cheaterstick den nächsten Haken einhängen und sich an Schleimgriffen und mit Seilzug hochwürgen. Da ist dann das Selbstvertrauen im Eimer. Der fixe Karabiner am nächsten Haken erleichtert zwar das Einhängen, aber dafür muss frau nachher richtig klettern. Auch wieder ein Quergang, diesmal rund und ohne positive Griffe. Gottseidank hat es ein Placement in der Mitte, da der nächste Haken erst nach einer weitern Boulderstelle einhängbar ist. Beim Stand ist Rachel völlig am Ende mit den Nerven (Belay Bunny meint, schon lang vorher). Die ganze Route mit Daunenjacke geklettert und trotzdem im Wind und in der Kälte fast erfroren. Ein herzliches Danke an die stoische Sichererin Gaby. Gaby kommt die Abkürzung mit den Jümars hoch und hault Sack und Pack in die Höhe, Rachel seilt ab, um die ganzen Quergänge von unten her wieder auszuräumen. Diesmal kann sie dann wenigstens mit Ach und Krach die Einzelstellen klettern, ist am Stand aber völlig kaputt und so ist an ein Ausbouldern der Serpentine nicht mehr zu denken. Also alles wieder nach unten, nur das mühsam hochgehängte Seil bleibt über Nacht und hält die Stellung. Am nächsten Morgen wieder das Fixseil hoch und rein in die Route.

Leider hat sich Rachel über Nacht noch nicht erholt (weder physisch noch psychisch) und das Ausbouldern wird zum Desaster. Völlig frustriert räumen wir die Route aus und seilen ab. Es hat zu viele tolle Routen in den Grampians, um noch weitere Tage zu «opfern». Viele, die an der Taipan Wall Routen klettern wollen, laufen aussen herum und fixieren ein Seil von oben, um sich die Routen in Ruhe anzusehen, sie auszubouldern und allenfalls nötige Sicherungen zu legen. Ist zwar ethisch weniger sauber, aber bei einem engeren Energie- und Zeitrahmen bestimmt effizienter. Im Trackside bouldert sich Rachel den Frust von der Seele und flasht einen V6, diesmal mit positiven Griffen. Wieder auf dem Campsite treffen wir Sabine und Robert wieder (sie sind 3½ Jahre mit dem Velo in der Welt unterwegs), mit denen wir schon in Arapiles Bekanntschaft geschlossen hatten, und wir tanken uns mit feinem Kaiserschmarrn auf.

Gaby hat für den nächsten Tag die Trident (2SL,14) ausgesucht. Eine wirklich tolle Route in bestem Fels. Wir benutzen wieder einmal den Camelot Nr. 4 (warum ist das dann immer das erste Placement?). Danach hängen wir noch die Technical Ecstasy dran (3 SL, 20) und klettern das erste Mal seit langer Zeit in geneigtem Gelände. Das Absichern hier ist dafür anspruchsvoller, da viele Risse seicht und offen sind. Langsam merken wir, dass wir hier nicht mehr unbegrenzt Zeit haben und drum suchen wir uns die Rosinen aus dem Kuchen. Wie zum Beispiel die Sandinista. Ein Riss, der in steilem Gelände nach rechts wegzieht. Kann frau gut absichern, steht da, wenn genug Kraft in den Armen vorhanden ist. Je nach Führer ist sie 35 Meter lang und 23 oder 40 Meter und 22. Jedenfalls hat Rachel brutal aufgeblasene Arme und Gaby nach dem Ausräumen auch. Dann machen wir uns auf die lange Wanderung nach Van Diemens Land um dort Body Count (24), eine steile Riss-/Lochlinie zu klettern. Zum Abschluss bouldert Rachel noch etwas in der Chickenheadhunter (23! War zum Auswärmen gedacht) und wir machen uns auf den immer noch langen Weg zurück zum Auto.

Es ist wieder einmal höchste Zeit für eine Dusche, aber voerher klettern wir noch die Spillway/Navarre-Kombination (2 SL,18) mit unseren Radlern Sabine und Robert. Mit Carrot-Haken! Die Route steigt ähnlich der Septumania in einer Rinne hinauf. Dass es die ganze Zeit etwas regnet, stört uns alle nicht, etwas Abkühlung ist eher positiv. Die zweite Seillänge vermasselt Rachel und klettert zu weit rechts (war aber auch schön). Drum müssen wir nach dem ersten Abseiler die zweite Seillänge, eine wunderschöne schräge überhängende Verschneidung, nachholen. Dann sind alle zufrieden, wir verabschieden uns von Sabine und Robert und dürfen endlich nach Horsham duschen.

One Comment

  1. Catherine
    Posted 13 November 2012 at 09:13 | #

    Oh, bald ist es schon vorbei… Bitte schick mir ein E-mail mit folgenden Angaben: Ankunftszeit in der Wohnung und was ihr gerne bei eurer Rückkehr im Kühlschrank vorfinden würdet. 😉